„Du bist ja schon süchtig“ haben deine Eltern bestimmt auch schon einmal zu dir gesagt, wenn du mal wieder zu lange im Internet warst. Was hier so locker dahingesagt ist, stellt aber ein ernsthaftes Problem dar. Doch was ist eigentlich Mediensucht und was kann man dagegen tun?
Was ist Sucht?
Der deutsche Wohlfahrtsverband Caritas definiert allgemein Sucht als Abhängigkeit von einer Substanz (z. B. Alkohol) oder einem Verhalten (z. B. Glücksspiele). Diese Abhängigkeit kann sich sowohl psychisch als auch physisch äußern. Der Konsument kann sein Verhalten nicht mehr kontrollieren, zeigt sich verhaltensauffällig, und distanziert sich oft von Freunden und Bekannten. Er oder sie verliert sich in der Sucht und vergisst alles außerhalb.
Sucht ist zwar an sich als Krankheit anerkannt, da es sich bei Onlinesucht oder Mediensucht jedoch um ein relativ neues Phänomen handelt, ist diese Suchtform in Deutschland (noch) nicht als offizielle Krankheit anerkannt.
Was ist Mediensucht?
Mediensucht ist keine offiziell anerkannte Suchtkrankheit. Für eine Sucht müssen nämlich immer bestimmte Kriterien erfüllt sein, damit man sie als Erkrankung bezeichnen kann. Eine solche Liste an Kriterien gibt es aber für Mediensucht noch nicht. Häufig spricht man daher von einer exzessiven Mediennutzung. Darunter versteht man den zwanghaften Drang sich regelmäßig und exzessiv mit Medien zu beschäftigen. Dabei kann der Umgang mit Medien nicht mehr kontrolliert werden und das eigene Verhalten wird verharmlost.
Bin ich süchtig?
Bemerkbar macht sich die Mediensucht häufig daran, dass normale Lebensgewohnheiten und Interessen sowie freundschaftliche Kontakte vernachlässigt werden und die Leistung, zum Beispiel in der Schule, abnimmt. Selbst Essen und Schlafen werden hinten angestellt. Das Real Life wird immer mehr durch die virtuelle Welt ersetzt. Auch Entzugserscheinungen sind erkennbar, wenn eine Internet- oder Mediennutzung nicht möglich ist. Häufig breitet sich schlechte Laune oder Nervosität aus, der Betroffene reagiert gereizt, bekommt Schweißausbrüche oder einen erhöhten Herzschlag. Folgen können Schlafstörungen und Faulheit sein, bis hin zu einem Gefühl der Sinnlosigkeit des Lebens und Depression.
Wie kann ich Sucht erkennen?
Falls du dir schon einmal Sorgen gemacht hast, ob du zu viel Zeit im Internet verbringst, helfen dir diese Kriterien, um dies einzuschätzen. Erkennst du dich in diesen Punkten über einen längeren Zeitraum, etwa ein halbes Jahr, wieder, so kann das ein erstes Anzeichen für problematische Mediennutzung sein:
- Verlangen
Häufiges und zwanghaftes Verlangen, das Internet zu benutzen. - Kontrollverlust
Länger online bleiben als man es sich vorgenommen hat. - Schuldgefühle
Oben genannte Phänomene verbunden mit Schuldgefühlen. - Streit
Häufiger Streit mit Familie, Freunden oder Partner wegen der Internetnutzung. - Lustlosigkeit
Eine zunehmende Lustlosigkeit an Hobbys im realen Leben und nachlassende Arbeitsleistung in der Schule oder im Beruf. - Verheimlichung
Die Zeit, die im Internet verbracht wird, wird verheimlicht. - Verharmlosung
Das Problem der häufigen Internetnutzung wird verharmlost. - Störungen
Seelische Auswirkungen bei Verhinderung von Internetnutzung, z. B: Nervosität, Reizbarkeit und Depressionen. - Fehlversuche
Mehrfache fehlgeschlagene Versuche der Einschränkung der Internetnutzung.
Achtung Suchtpotential!
Vor allem Online-Rollenspiele und Strategiespiele weisen ein erhöhtes Suchtpotential auf, da in der Online-Welt trotzdem etwas passiert, auch wenn sich der einzelne Spieler ausloggt. Auch die Social Media- oder Smartphone-Nutzung kann suchtähnliche Erscheinungen hervorrufen. Wenn dir jemand schreibt, oder ein Bild von dir geliked wurde, werden nämlich in der Regel Glückshormone ausgeschüttet, was dich dazu verleitet, häufig auf dein Smartphone zu schauen. Besonders gefährdet sind vor allem Personen, die viel Bestätigung brauchen, stressanfällig oder sozial isoliert sind.
Was kann man als Betroffener tun?
Je nach Sucht, zum Beispiel nach einem Online-Spiel oder deinem Smartphone, kannst du verschiedene Tricks anwenden, um deine Mediennutzung in den Griff zu bekommen.
- Führe eine Art Tagebuch über deinen Medienkonsum und überlege dir, was du früher im echten Leben gerne gemacht hast und vielleicht gerne wieder machen würdest.
- Lege Zeiten fest, an denen du das Medium nutzen darfst und versuche sie einzuhalten.
- Nimm dein Smartphone nicht mit ins Bett und lasse es beim Essen in der Tasche.
- Verwende eine Armbanduhr, statt der Uhr auf deinem Smartphone, damit du nicht mehr so häufig darauf schaust.
- Packe dein Smartphone in deinen Rucksack oder in deine Tasche statt in die Hosentasche, wenn du unterwegs bist.
- Bitte Freunde oder Eltern dich zu unterstützen: Sie sollen dich erinnern, dass Smartphone weg zu legen oder weniger zu spielen.
- Mit der Handysektor Real Life Challenge kannst du spielerisch auf dein Smartphone verzichten und dir mit Freunden gegenseitig Aufgaben stellen.
- Wenn du deine Mediennutzung nicht mehr alleine in den Griff bekommst, kannst du eine Anlaufstelle aufsuchen, die eine spezifische psychosoziale Beratung oder eine Psychotherapie für Betroffene anbietet.
Wenn du häufig am Smartphone bist oder andere Medien nutzt, bedeutet das noch nicht, dass du automatisch süchtig bist. Allerdings gibt es ja auch noch so viele andere Dinge die man tun kann: Unternimm etwas mit Freunden und genieße dein Real Life, so wirst du ganz bestimmt nicht mediensüchtig!
Mach den Test!
Auf diesen Seiten kannst du einen Test zu deiner Mediennutzung machen. Sie geben dir eine erste grobe Einschätzung, ob du suchtgefährdet bist und bieten gegebenenfalls Hilfestellung.
- ins-netz-gehen.de
Hier erwarten dich News, spannende Fakten und eine Online-Beratung zu Mediensucht. - medienwissen MV
Diese Webseite bietet dir erste Informationen und Orientierung zum Thema Medien und Mediensucht.
Beratungsstellen
Der Fachverband Medienabhängigkeit e.V. hat eine umfassende Liste mit Beratungsstellen für Mediensucht in ganz Deutschland erstellt. Egal ob zur aktiven Beratung oder einfach nur zur Information – hier kannst du dich jederzeit melden und um Rat bitten.
Artikel vom 30.03.2017.